Die Lebenswelten von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern haben sich durch die Nutzung von Smartphones und des mobilen Internets in wenigen Jahren stark gewandelt. „Always on“ ist die Devise Vieler, denn das Smartphone ist zu jeder Zeit und an jedem Ort nutzbar. Eine Untersuchung zum Medienumgang Jugendlicher in Deutschland1 weist nach, dass fast alle 12- bis 19-Jährigen (97 %) mit einem Mobiltelefon ausgestattet sind; 95 Prozent verfügen über ein Smartphone. Und fast ebenso viele junge Menschen können über eine Internetflatrate Onlinedienste nutzen. Der Run auf das Medium wird von der Wirtschaft zum Anlass genommen, umfassend Zugriff auf unsere Daten zu nehmen, um diese gewinnbringend zu vermarkten. Konsumenten stehen u. a. vor den Fragen:

  • Wieviel Zeit verwende ich für die Nutzung digitaler Medien?
  • Wieviel Erreichbarkeit wird erwartet und was passiert, wenn ich mich dem „Onlinezugriff“ verweigere?
  • Wie können wir unsere Persönlichkeitsrechte durch den kaum zu kontrollierenden Datenzugriff im Netz zukünftig sichern?
  • Wie und mit welchen Folgen verändern sich unser soziales Leben und die menschliche Kommunikation?

Die Befürchtung, nicht immer und überall erreichbar zu sein („Fear of missing out“), bedeutet auch für Kinder und Jugendliche reiner Stress. Die Angst, etwas zu verpassen, ist häufig der Grund, warum Kinder und Jugendliche so exzessiv und auch risikobereit das Smartphone verwenden. Eltern und Erzieher wissen oft nicht, was Kinder und Jugendliche überhaupt im Netz machen und welche der vielen Nutzungsoptionen für sie relevant sind. Und sie beklagen, dass junge Menschen scheinbar keinerlei Interessen an nicht-medialen Freizeitaktivitäten mehr haben.

Die oben genannte Untersuchung belegt allerdings auch, dass sich die Zahl derjenigen Jugendlichen, die sich täglich oder mehrmals pro Woche „mit Freunden/Leuten“ treffen, in den letzten Jahren nur geringfügig gesunken ist (2016: 73 %; 2005: 78 %). „Sport treiben“ immerhin noch 69 Prozent, 35 Prozent geben an, täglich/mehrmals in der Woche etwas mit ihrer Familie zu unternehmen. Überraschender Weise hat sich diese Zahl seit 2005 verdoppelt. Zwei von fünf Jugendlichen (38 %) lesen regelmäßig Bücher, bei den Mädchen sind es fast die Hälfte (46 %). Natürlich werden bei diesen Freizeitaktivitäten oft auch elektronische Medien parallel genutzt.

Bei Eltern herrscht Verunsicherung darüber, welche medienpädagogische Verantwortung ihnen zukommt und wie sie dieser gegenüber ihren Kindern gerecht werden können. Nicht selten befürchten Eltern eine „Medienabhängigkeit“ ihrer Kinder. Die Mehrzahl der Jugendlichen können allerdings mit Computer, Handy und Internet selbstbestimmt und angemessen umgehen. Nur ein kleiner Teil der Nutzer entwickelt psychische Auffälligkeiten: Ein soziales Leben findet dann kaum noch statt, regelmäßige Ernährung und Körperpflege werden eingestellt und Schule oder Arbeit werden vernachlässigt.

Was allerdings auch passieren kann, wenn Kinder und Jugendliche nicht gut aufgeklärt sind, haben die Forscher der Studie „Always on!“2 herausgestellt. Einige Jugendliche mussten Erfahrungen mit Cybermobbing (11 %), Missbrauch eigener Daten (42 %), extrem hohen Kosten (24 %), Nachrichten von fremden Personen (27 %) machen oder gaben an, auf nicht jugendfreien Seiten (21 %) gesurft zu haben.

Was können Eltern tun?

Medienkompetenz erlernen Kinder und Jugendliche nur durch „Beziehung“. Sie brauchen Eltern, die sich für das interessieren, was ihre Kinder interessiert („Zeig mir mal, was du da spielst?“), die bereit sind, mit ihren Kindern darüber zu sprechen, die sich trauen, regelnd einzugreifen und auch mal zu streiten, wo es notwendig ist. Kein Computerspiel an sich macht süchtig. Sucht findet dort einen Nährboden, wo Kinder und Jugendlichen keine erwachsenen Gegenüber haben, wo sie keine Bindung und Verbindlichkeit erfahren.

Ein paar Tipps:

  1. Erkennen Sie Medien als wichtigen Teil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen an.
  2. Begleiten Sie Ihr Kind aktiv auf seinem Weg zur kompetenten Mediennutzung.
  3. Sehen Sie sich in Ihrer Mediennutzung als Vorbild für Ihr Kind.
  4. Lassen Sie sich die Lieblingsseiten oder Lieblingsspiele Ihres Kindes zeigen.
  5. Handeln Sie mit Ihrem Kind Regeln für seine Mediennutzung aus (nicht die tägliche Dauer, sondern die Nutzungszeit von X Uhr bis Y Uhr) und sehen Sie dabei Altersangaben von Spielen und Filmen als verbindlich an.
  6. Verlangen Sie, dass das Handy beim Essen ausgeschaltes ist oder auf lautlos gestellt wird.
  7. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die rechtlichen Grundlagen wie z. B. Datenschutz und Urheberrecht und die Gefahren bei der Weitergabe persönlicher Daten wie z. B. Adressen, Telefonnummern, hochgeladen Fotos.
  8. Wenn Ihr Kind im Netz mit Konfliktsituationen konfrontiert wird – unabhängig davon, ob es von einem Mobbing-Fall mitbekommt oder selbst daran beteiligt ist – entscheiden Sie niemals über den Kopf Ihres Kindes. Befähigen Sie Ihr Kind vielmehr, selbst etwas zu tun und werden Sie nur in Rücksprache mit Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter aktiv.
  9. Persönliche Nachrichten auf Handy, Tablet oder PC, die von Ihrem oder für Ihr Kind verfasst wurden, sind für Eltern „tabu“. Wenn Sie Grund zur Sorge haben, bitten Sie Ihr Kind, Ihnen die Nachrichten zu zeigen.
  10. Wenn sich Ihr Kind über einen längeren Zeitraum sozial isoliert, den Schulbesuch vermeidet, Dinge des Alltages stark vernachlässigt und dies mit einer intensiver Mediennutzung einher geht, sollten Sie eine entsprechende Beratungsstelle aufsuchen.

In welchem Alter sollte ein Kind/Jugendlicher ein eigenes Handy besitzen?

Ein eigenes Handy sollten Kinder ab ca. 10 Jahren haben dürfen. Das braucht nicht über einen Internetzugang verfügen. Oder passen Sie zumindest die Sicherheitseinstellungen entsprechend an und spielen Sie Jugendschutz-Apps auf. Ein sogenannter Prepaid-Tarif ist empfehlenswert: Die monatliche Grundgebühr entfällt und Kinder bekommen ein Gefühl fürs Geld. Jugendliche können durchaus die „abgelegten“ Mobilfunkgeräte ihrer Eltern nutzen. Und wenn Ihr Sohn oder Ihre Tochter klagt, dass alle anderen ein besseres Handy besitzen, halten Sie das aus. Es durften übrigens auch früher alle anderen länger aufbleiben, länger ausgehen, bekamen mehr Taschengeld usw.

Wo kann ich mich zum Thema „Sicherheit im Netz“ informieren?3

  • chatten-ohne risiko.net – Sicherheitstests und Bewertungen von Sozialen Netzwerken, Chat-Atlas
  • handysektor.de – Infos zu Apps, Smartphones und Tablets
  • internet-abc.de – Ratgeber und Lernplattform über das Internet
  • jugendschutz.net – Infos und Materialien zu aktuellen Problemfeldern im Internet
  • klicksafe.de – Aktuelles zu Sicherheit und Entwicklung im Internet
  • schau-hin.info – Hilfen zur Medienerziehung
  • surfen-ohne-sisiko.net – Technische Hilfen, interaktive Spiele

 

 Wo finde ich im Netz gute Seiten für Kinder?3

  • meine-startseite.de – Eigene Startseite gestalten mit Videos, Spielen und Kindernachrichten
  • klick-tipps.net – Wöchentlich empfehlenswerte Kinderseiten zu aktuellen Themen
  • blinde-kuh.de – Findet alles, was Kinder wissen wollen
  • fragfinn.de – Suchmaschine und Link-Tipps von Raupe Finn
  • seitenstark.de – Über 60 anspruchsvolle, sichere Kinderseiten zu spannenden Themen

 

 

Reinhard Baumann

Dipl.-Sozialpädagoge

Erziehungs- und Familienberater

 

1 JIM-Studie 2016, Jugend, Information und (Multi) Media; Hrsg: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs3), Stuttgart
2 Studie „Always on!“ Hrsg: Dr. Karin Knop, Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), 2015
3 Broschüre „Sicher im Netz“; Hrsg: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2016